An Assistenzroboter in der Pflege sind viele Hoffnungen geknüpft: Sie sollen das Pflegepersonal entlasten, für mehr Sicherheit sorgen und zu einem gesunden Altern und mehr Teilhabe beitragen. Im Interreg-Projekt "Pflegeunterstützende Robotik" (PUR) mit der Fachhochschule Vorarlberg, der Universität Konstanz, dem Altenzentrum Emmersberg (Schaffhausen) und der Caritas Konstanz wurde der Roboter LIO der F&P Robotics AG für 22 Monate in zwei Pflegeeinrichtungen in Konstanz und Schaffhausen getestet. "Feldstudien mit Assistenzrobotern im realen Pflegekontext über einen längeren Zeitraum sind noch rar. Mit PUR sind wir gemeinsam einen mutigen Schritt in Richtung ihrer Erprobung gegangen", betont Dr. Katrin Paldán von der FH Vorarlberg.
Der enge Austausch, der Methodenmix und klar definierte Indikatoren ermöglichten beim Feldeinsatz von LIO eine umfangreiche Datensammlung. Mit dem Personal und den Bewohnerinnen und Bewohnern wurde LIO anhand verschiedener Kriterien evaluiert und weiterentwickelt. Neben der Befragung aller Beteiligten erfolgte eine systematische Erfassung und Analyse u.a. der Nutzungsdauer und -häufigkeit sowie LIOS Fehlerarten und -raten.
Ethische Aspekte sollen in Entwicklung einfließen
Dass die Caritas als kirchlicher Träger das Projekt initiiert hat, ist Andreas Hoffmann, Vorstand der Caritas Konstanz besonders wichtig: "Manche mögen denken, dass eine kirchliche Einrichtung keinen Roboter einsetzen sollte. Wir sehen darin jedoch die einmalige Chance, ethische Aspekte in die Entwicklung einfließen zu lassen, damit sich Pflegeassistenzroboter wie LIO so weiterentwickeln, dass deren Einsatz unserer ethischen Werteordnung und unseren Anforderungen entspricht."
Und auch der Datenschutz muss höchsten Standards genügen. "Das Thema begleitet uns in vielen Bereichen im Pflegealltag. Daher musste das Projekt PUR entsprechend dem kirchlichen Datenschutzkonzept entwickelt werden", so Stefanie Ebner, Projektleitung PUR im St. Marienhaus in Konstanz.
Die Leiterin des Alterszentrum Emmersberg, Schaffhausen, benennt als wesentliches Ziel des Projekts: "Zu erfahren, wie die älteren Menschen auf den Roboter reagieren. Die Grenze liegt dort, wo die Robotik nur der Institution nützt, aber nicht dem Bewohnenden." Auch Bärbel Sackmann, Geschäftsführerin der Caritas-Altenhilfe war anfangs skeptisch: "Zu Beginn hatten wir Bedenken, wie insbesondere unsere an Demenz erkrankten Bewohner auf einen Roboter reagieren. Doch dann sind alle hier im St. Marienhaus LIO vorbehaltlos und offen begegnet", berichtet sie und fügt schmunzelnd hinzu: "Er ist uns ein lieb gewonnener Mitbewohner geworden."
Benutzerfreundliche Bedienung und Sprachsteuerung sind wichtig
Bis er in Zukunft auch zum vollwertigen Mitarbeiter werden kann, muss LIO noch viel dazu lernen. Im Projektverlauf wurde deutlich, dass er im jetzigen Entwicklungsstadium die hohen Erwartungen bezüglich der Entlastung des Pflegepersonals und der Verbesserung der Lebensqualität der Bewohner noch nicht erfüllen kann. "Der Schlüssel dazu wäre eine benutzerfreundlichere, intuitive Bedienung und ein Sprachverständnis, das die Nutzerinnen und Nutzer nicht aufgrund ihres Alters oder Dialekts diskriminiert", führt Prof. Dr. Oliver Deussen von der Universität Konstanz aus. Denn Pflegekräfte müssten sich in hektischen Situationen auf eine verlässliche Sprachsteuerung verlassen können. Gegenüber Bewohnerinnen und Bewohner wird LIO sein aktivierendes Potenzial nur ausschöpfen können, wenn er sie problemlos versteht.
Viele wertvolle Erkenntnisse und einige Hausaufgaben für die F&P Robotics AG aus der Schweiz, die intensiv an der Weiterentwicklung von LIO arbeitet. Eine Arbeit, die sich lohnen wird, denn die Projektpartner, das beteiligte Personal und die Seniorinnen und Senioren stehen dem digitalen Transformationsprozess in der Pflege größtenteils sehr offen gegenüber und sehen eine Zukunft für Assistenzroboter - sofern sie autonom, zuverlässig und stets gut kontrollierbar funktionieren.